"In einer Welt voller Spannungen und Konflikte, muss Europa eine eigene Machtagenda entwickeln und das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken. Nur so kann es seine Souveränität behaupten und den Erwartungen seiner Bürger/innen gerecht werden."
Eine Analyse der französischen Europapolitik unter Emmanuel Macron und gleichzeitig ein Ausblick auf deren Perspektiven aus dem Zentrum der französischen Regierung. Sie sollte, nicht nur wegen der Betonung des "deutsch-französischen Motors", eine Pflichtlektüre für alle sein, die die europäische Integration gestalten wollen. Eine Reaktion aus deutscher Sicht sollte nicht ausbleiben.....
Emmanuel Macron:
"Je suis en désaccord profond avec la tribune parue dans Politico signée par la ministre de la Défense allemande."
"Ich bin zutiefst nicht einverstanden mit dem von der deutschen Verteidigungsministerin gezeichneten Beitrag in Politico."
Die aktuelle deutsche Verteidigungsministerin heißt Annegret Kramp-Karrenbauer. Und sie ist gleichzeitig die amtierende Vorsitzende der CDU. Was hat Emmanuel Macron so aufgebracht, daß er, entgegen diplomatischen Gepflogenheiten, zumal im Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland, seine Mißbilligung öffentlich und so deutlich zum Ausdruck gebracht hat?
"And the pace at which it will develop will be at the heart of the debate on strategic autonomy. Some want to go further than others, because they see it as a political objective that implies a much stronger mobilisation."
Ist die Krise einmal da, zeigt sich, wie wenig Europa darauf vorbereitet ist. Eine demokratisch legitimierte europäische Regierung könnte den Menschen und Unternehmen in Europa in der Corona-Krise kraftvoll unter die Arme greifen. Stattdessen haben Ökonomen eine neue Euro-Krise am Horizont heraufziehen sehen und Politiker diskutierten über Corona-Bonds und mittlerweile über die Ausgestaltung und Finanzierung eines 750 Mrd. Euro schweren europäischen Rettungspakets.
Weil wir zusammengehören
Wir Europäer gehören zusammen eingedenk unserer gemeinsamen – leidvollen - Geschichte. Wir gehören zusammen, weil wir über Jahre hinweg erfahren haben, daß wir nur durch gemeinsames Handeln unserer historischen Vera ntwortung gerecht werden, weil wir gemeinsam freier leben können, in einem Europa ohne Grenzen und mit der rechtlich garantierten Möglichkeit, zu arbeiten, unsere Ausbildung zu absolvieren, wo wir in Europa die besten Chancen finden, zu leben, wo wir wollen oder wohin uns z.B. die Liebe führt. Wir wissen, daß wir diese bereichernde Freiheit haben können, ohne aufhören zu müssen, Deutsche, Polen, Franzosen etc. zu sein und unsere jeweils eigene Sprache zu sprechen. Aber auch diejenigen, die diese Sichtweise (noch) nicht teilen, müßte, jedenfalls bezogen auf die Euro-Staaten, folgendes Argument überzeugen:
Ein Weg zurück in die Zeit nationaler Eigenständigkeit – ohne gemeinsame Währung und die dadurch mittelbar und unmittelbar bereits entstandene Haftungsgemeinschaft - ist versperrt, wenn Europa nicht zu einem durch wirtschaftliche und soziale Turbulenzen geprägten Armenhaus nationalistischer Gegensätze verkommen soll.
Die Währungsunion ist unvollkommen. Ihr fehlt der wirtschaftspolitisch handelnde Gegenpart zur Europäischen Zentralbank in Gestalt einer handlungsfähigen und unmittelbar demokratisch legitimierten europäischen Regierung. Die konsequente Lösung liegt in der Schaffung eines europäischen Bundesstaates.